Julia auf IG
zul. aktualisiert: 04.08.18
von JULIA
Hilfe, mein Kind hat Magersucht.
Wie kann ich mich als Angehöriger verhalten? Was kann ich als Familienmitglied oder Freundin/in tun, wenn jemand im Umfeld mit einer Essstörung kämpft oder diese entwickelt? Wie helfe ich, wenn die Nahrungsaufnahmen zum Problem wird?
Die Sicht einer ehemals Betroffenen.
Inhalt:
~ Mein Kind hat Magersucht: Was kann ich als Angehöriger tun? Wie verhalte ich mich am besten?
~ „Sie/Er muss doch NUR essen“?
~ Wegschauen hilft nicht – Warum der erste Schritt oft von außen kommt
~ Hat mein Kind Magersucht? Essstörung frühzeitig erkennen
~ Zur Therapie motivieren, nicht drängen: Betroffenen helfen zu 1. erkennen und 2. wollen
~ Co-Abhängigkeit: Als verwandter Angehöriger auch auf sich selbst achten
~ Umgang in Akutfällen
Video zum Artikel
Mein Kind hat Magersucht: Was kann ich als Angehöriger tun? Wie verhalte ich mich am besten?
„Mein Kind hat Magersucht, was kann ich tun?„, „Meine Freundin hat eine Essstörung, wie gehe ich damit um?„, „Ich muss zusehen, wie meine Tochter vor’m vollen Kühlschrank verhungert.„, „Sie denkt nur ans Diäten und isst nie mit, sie wird immer dünner„…
Ich bekomme in letzter Zeit immer mehr Nachrichten, nicht nur von Betroffenen, mittlerweile auch von Angehörigen, die mich um Rat fragen, wie sie sich denn verhalten sollten, wenn das Kind oder jemand im Freundeskreis ein gestörtes Essverhalten an den Tag legt. Vorweg sei gesagt, dass ich zwar in Ausbildung zur Lebensberaterin neben dem Fitness-Coaching bin, dennoch keine psychologischen oder ärztlichen Diagnosen stellen kann. Ich kann allerdings meine Erfahrung als ehemals Betroffene wiedergeben, habe mich in der Zwischenzeit mit sehr vielen anderen Betroffenen und auch Angehörigen ausgetauscht und damals vor allem GEFÜHLT, wie bestimmte Reaktionen von meinem Umfeld auf mich wirken.
Ich kann gut nachempfinden, was damals wirklich unterstützend und welches Verhalten eher kontraproduktiv war. Und genau das möchte ich nun Angehörigen mitgeben, denn als Familienmitglied oder Freund plötzlich mit einer Krankheit konfrontiert zu werden, die sonst nur aus Medien bekannt war, stößt viele vor den Kopf: Wie kann ich mich denn verhalten, damit ich es besser und nicht schlimmer mache?
„Sie/Er muss doch NUR essen“?
Das Unverständnis bei Angehörigen ist oft groß: „Der/Die muss doch nur essen? Was ist daran so schwer?„. Doch genau wie eine Alkohol- oder Drogensucht ist es eine Abhängigkeit und lediglich ein Symptom. Das, was für „gesunde Menschen“ die normalste Sache der Welt ist – das Essen – wird zum Problem. Es ist eine Art Hilfeschrei von innen nach außen. Die Nahrungsaufnahme an sich ist dabei nicht das eigentliche Problem. Diese kann man Schritt für Schritt auch wieder lernen. Sofern man nicht nur am „wieder mehr essen“, sondern auch an der inneren Gesundheit arbeitet. Es ist ein (meist weiter) Weg und hat viel mit Beschäftigung seiner selbst zu tun. Mit Ernährungsplänen, mehr Kalorien und Muskelaufbau alleine ist es nicht getan – auch wenn das essentiell ist, damit (auch/zumindest) der Körper wieder gesund wird. Wichtig ist, sich auch und vor allem um die Seele zu kümmern. Und genau da können Angehörige gut helfen – wie, darum geht’s in nachfolgenden Absätzen.
Wegschauen hilft nicht – Warum der erste Schritt oft von außen kommt
Ich weiß nicht, ob ich heute da wäre, wo ich bin, wenn mir meine Mutter damals nicht den ersten „Tritt“ gegeben hätte, indem sie es erkannt und angesprochen hat. Dass ich eine Essstörung haben soll, begriff ich selbst eine lange Zeit nicht. Genau so, wie es Betroffene lange nicht einsehen, neigen aber auch oft Angehörige dazu, einfach wegzuschauen. Gründe dafür können sein: Unwissen über Essstörungen, fehlende Bereitschaft, sich mit Problemen zu konfrontieren, Nicht-Wahrhaben-Wollen, dass diese Krankheit die eigene Familie trifft,…
Doch Wegschauen hilft nicht und
kann es sogar noch schlimmer machen!
Dass Betroffene „einfach so von alleine die Krankheit erkennen und wieder gesund werden“ ist je nach Grad der Essstörung meist eine realitätsferne Wunschvorstellung. Genau deswegen ist es so wichtig, dass Angehörige unterstützen, sobald sie Verdacht schöpfen. Auch, wenn Betroffene es (bei erster Konfrontation) nicht sofort wahrhaben wollen, man kann einiges tun, um zu helfen. Als Elternteil wegzuschauen, um den Schein der „perfekten Familie zu wahren“, kann alles nur noch länger herauszögern und verbessert die Situation nicht, im Gegenteil. „Perfekte Familien“ gibt es nicht! Jeder hat so sein Päckchen zu tragen. Krankheiten und Süchte kommen vor. Schuldzuweisungen helfen nicht weiter, stattdessen dürfen wir etwas tun und helfen, statt wegzuschauen. Und je eher man sich damit konfrontiert und handelt, desto einfacher wird es, Betroffene zu unterstützen.
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Hat mein Kind Magersucht? Essstörung frühzeitig erkennen
Einer der essentiellen Dinge ist, eine Essstörung überhaupt erst als solche – und im besten Fall frühzeitig – zu erkennen. Leider ist es sehr oft der Fall, dass sie erst dann erkannt wird, wenn es von außen sichtbar wird bzw. der Körper bereits unter den Folgen leidet – in Form von starkem Untergewicht/Mangelerscheinungen, Haarausfall, blauen Flecken, Ausbleiben der Periode,… Der Übergang von „ich habe ein paar Speckpölsterchen zu viel und möchte einfach ein bisschen abnehmen“ hin zur krankhaften Essstörung ist meist schleichend und wird leider nicht immer rechtzeitig wahrgenommen. Doch je eher man eine Essstörung als solche erkennt – sowohl als Betroffener als auch als Angehöriger – desto leichter fällt es, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen. Treten bereits genannte Folgen auf, ist es höchste Zeit, zu handeln, Gespräche zu führen und sich Hilfe zu suchen.
Was können also Anzeichen einer Essstörung bzw. Magersucht sein:
- Betroffene haben ständige Diät-Gedanken. Das Essen wird genau analysiert. Bestimmte Lebensmittel werden weggelassen. Alles dreht sich ums eigene Körpergewicht und Aussehen.
- Starkes Untergewicht. Haarausfall. Schlechte Wundheilung. Ausbleiben der Periode bei Frauen.
- Betroffene kochen und backen gerne für andere, essen dabei aber kaum etwas selbst.
- Nehmen sich selbst als zu dick wahr, obwohl sie bereits sehr dünn sind. (an dieser Stelle ein kleiner Tipp am Rande: Fotos können helfen, dass Betroffene sehen, was sie nicht im Spiegel erkennen!)
- Sport- und Bewegungszwang.
- Isolation und Rückzug vom sozialen Leben.
Wer als Freund oder Familienmitglied obige Punkte bemerkt, kann entsprechend handeln. Meist leiden Familienmitglieder sehr stark unter der Krankheit. Man kann helfen, ohne sich dabei selbst aufzugeben!
Zur Therapie motivieren, nicht drängen:
Betroffenen helfen zu 1. erkennen und 2. wollen
Eine Therapie kann nur helfen, sofern Betroffene bereit dafür sind. Wenn sie nicht einmal erkannt haben, dass eine Sucht vorliegt, werden sie nicht bereit sein, etwas zu ändern und sich somit auch nur schwer bis gar nicht auf eine Therapie einlassen. Wichtig ist, Betroffenen also im ersten Schritt zur Erkennung der Krankheit zu verhelfen, wenn dies nicht bereits geschehen ist.
Ratsam ist, als Angehöriger bei offenen Gesprächen (welche sehr wichtig sind!) ICH-Botschaften zu verwenden und das direkte Ansprechen der Themen Essen, Kalorien oder Figur so gut es geht zu vermeiden. Auch wenn man intuitiv genau dazu neigt („iss doch was!“ „Du musst doch nur essen„, „tu mir einen Gefallen und iss das Stück Kuchen„), um das Symptom zu bekämpfen: Es löst das Problem nicht. In Gesprächen also am besten das eigene Gefühl zum Ausdruck bringen und Unterstützung anbieten: „Ich mache mir sehr viele Sorgen um dich.“, „Ich habe Angst, dass dir etwas passiert und dein Körper das alles nicht mehr mitmacht.„, „Kann ich dich irgendwie unterstützen, damit du dich wohler fühlst?„.
Essen unter die Nase zu halten oder Druck auszuüben führt meist zum Gegenteil von dem, was Angehörige eigentlich gerne erreichen würden. Auch wenn es schwer ist: (seelische) Unterstützung statt einen Teller voll Essen anbieten!
Co-Abhängigkeit: Als verwandter Angehöriger auch auf sich selbst achten!
Wichtig ist, die Essstörung nicht zum Lebensmittelpunkt der Familie und sich somit nicht „co-abhängig“ zu machen. Sich mit hineinziehen zu lassen hilft genausoviel wie Schuldzuweisungen. Als Elternteil darf man sehr wohl noch auf sich selbst achten und auch „das eigene Leben genießen“, die Zuversicht haben, dass sich das Kind weiterentwickelt und weiterhin jegliche Art von Hilfe anbieten. Auch selbst Unterstützung zu holen, wenn man jemandem zum Reden braucht, macht durchaus Sinn. Es gibt spezielle Therapien, Selbsthilfegruppen und auch das WWW bietet umfangreiche Unterstützung für Angehörige.
Nicht (mit) verzweifeln! Wenn die/der Betroffene – bzw. die Familie – da erstmal durch ist, kann man auf eine sehr lehrreiche Zeit zurückblicken und das gemeinsame Zusammensein noch mehr schätzen. Betroffene lernen, selbst Verantwortung für sich zu übernehmen und genau diese sollten Angehörige ihnen auch lassen. Ich gebe zu, es ist für Familienmitglieder nicht einfach, während dieser Zeit den Grad zwischen „nicht wegschauen“ und „dennoch nicht mit verfallen“ zu finden. Kurz gesagt:
Sorgen äußern und Unterstützung anbieten: JA!
Sich selbst in ein Loch fallen lassen, verzweifeln, oder versuchen, Betroffene zum Essen oder zur Therapie zu zwingen: NEIN!
Umgang in Akutfällen
Mit Magersucht und dessen Folgen ist nicht zu spaßen. Sollte es lebensbedrohlich werden (körperliche Zusammenbrüche, Selbstmordgedanken,…) sollte dringend Hilfe – Ärzte, Rettung – geholt werden!
Danke fürs Lesen und TOITOITOI allen Angehörigen und Betroffenen!!! Das Leben ist so wertvoll – unterstützt euch gegenseitig!
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